hans wagenmann
gedichte
Alle Texte stammen aus:
Inmitten der teilhabende Mensch.
Zur gesellschaftlichen Wirksamkeit eurythmischer Bewegung und Methodik
>Ich will hinaus< Ein einzelner, aber nicht vereinzelter Satz, der sich bildete, als ich auf meine Arme, Hände, Teile meines sich bewegenden Körpers einen Bogen Papier aus einer Tageszeitung legte und dieser zu einer Kleidung, fremder Kleidung, fremder Nähe wurde. Ein Legen, das in gleicher Zeit, indem ich mit ihm umging, mit den Geräuschen des sich knitternden, dünnen Zeitungspapiers sich in ein Leichtes verlagerte, in ein „Ich will hinaus“. Denn zuerst streckte sich mein rechter Arm, dann versuchte sich der linke Arm auf etwas wie Licht zu legen, rundete sich leicht. Konnte ich sagen, wessen Licht es war? Konnte ich sagen, was auf dem Zeitungspapier stand, das sich mit mir bewegte, das immer wieder fallen wollte, als ein „Gehe nicht hinaus“? Das Papier fiel nicht, ich fiel nicht, und wenn, dann hob es uns gemeinsam auf. Ich konnte dabei nicht sagen, dass ich mich bewegte, sondern, dass ich durch diesen Zeitungsbogen mit bewegt wurde, von ihm, seinen Bewegungen, seiner Gestik erkannt und empfunden wurde. War ich dabei allein? Ich war allein, eurythmisierte allein in einem Probenraum im obersten Stock eines mehrstöckigen, wohl aus den siebziger Jahre stammenden Schulgebäudes. Ein Gebäude, das mich an meine eigene Schulzeit erinnerte. Geräusche von außen waren kaum zu hören, der Tag dunkelte langsam. Es war einem späten Nachmittag, Anfang Februar, als ich später die verwendeten Zeitungsbögen auf dem Boden liegen sah, als etwas sah, das Bewegung war, obwohl die Böge still waren, manche eigenartige, kleinräumige, plastische Formen angenommen hatten, andere ein wenig auseinandergerissen im Raum lagen. Wen sah ich an, als ich sie achtsam zusammenfaltete, an einer Stelle des Raumes aufeinanderlegte? Mich, das Bild des Schnees, das ich im Bewegen mit den Zeitungsbögen immer mehr gehabt hatte? War es mein Bild geblieben, mein Rest, verlöre sich darin das nicht mehr Unterschiedene meines späteren Heimkommens, das die Tür wiederfand, um zu grüßen, sich zu erinnern, wie ich wiederholt in den Schnee fiel, da meine Sohle, meine nicht fixierte Hand kein Halt, haltloser Boden, wurde oder auch ein Kind, das erneut aufstehen durfte, sich wiederfinden.
>Ohne Unterschied< Ein Gehen, Auftreten auf einem schmalen Pfad am Anfang einer Bergflanke, der Blick nach Süden, ein Gehen, das mit der Vorsicht, der Voraussicht der Schritte begann, um von dem Ort zu wissen, auf den es zugeht. Gerade und obwohl dieser Ort noch vor den Schritten lag, eine Stunde oder mehr entfernt war. Eine Vorsicht, ein Vorausblicken, das erst durch das wache Mitvollziehen der Schritte, des wechselnden Auf- und Niedersetzen der Füße zu erreichen war. Auch in der immer wieder neuen Ungewissheit, wie sich ein solches, nie zu erwartendes Gehen vollzieht, ob der vorausgeblickte Ort nicht ein leerer und damit vorgestellter Ort bliebe, wenn er schlussendlich erreicht würde. Ob das Gehen nicht selbst eine Vorstellung von etwas bleibt, der Rest meiner eigenen Geschwindigkeit ist, den Berg hinaufzusteigen. Ein Gehen, das zu etwas wurde, das wahrnahm, was vor und hinter ihm, unter den Schritten der festen Sohle der Schuhe lag. Mich in seiner Mitte als etwas formte, das mit den Worten von „ohne Unterschied“ umschrieben werden kann, als einen Teil von etwas, das später, am schließlich erreichten Ort minutenlang in alle Richtungen sich ausschüttelnde Hände waren. Hände, die das Bild in sich trugen, Weihwasser zu versprengen. Hände, die später den Rucksack wieder auf die warmen Schultern legten, die Feuchte des getragenen Hemdes spürten. Erst jetzt diese Erfahrung, die im Aufstieg, den Tagen davor mehrmals geschehen war, als eine eigene Erfahrung betrachteten. Diese Erfahrung, das dabei einstehende Geräusch, der beiden unterschiedlichen Stoffe, die aufeinander gedrückt wurden, als eine andauernde in sich aufnehmen konnten.
>Eine Linie gehen als eine Erzählung von Glück< ... Eine Grasfläche, fast Ebene, die immer wieder von Bächen, Quellverläufen unterbrochen war. Auf der einer, einer der ersten Flächen waren es meine Schritte, meine nackten Füße, die eine Linie zogen. Die diese Linie immer wieder begannen, ohne dass es ein Beginnen war, ohne dass die Aktivität des Schritts, seiner Folge, wirklich unterbrochen wurde, auch und gerade wenn ich meine abgelegten Schuhe mit mir in den Händen trug. Sie immer wieder vor mir auf diese Linie, aufs niedergetretene Gras aufsetzte, sie ansah. In diesem Ansehen mich und auch einen Fremden und gleichzeitig vertrauten jungen Mann in diesen Schuhen stehen sah. Meine Aktivität ansah, diese Schuhe im nächsten Augenblick wieder anzuheben, sie im Gehen, im Verlauf der Linie mit mir zu tragen. Sie an einen anderen, zuvor unbekannten Ort dieser Linie erneut niederzustellen, einem Gebet damit vielleicht immer ähnlicher zu werden.
>Bin Teil des anderen, seiner Formung< ... Ein Stein, auf der einen, dem Berg zugewandten Seite aufgesprengt, in mehrere, an ihm hängende Stücke, die nicht nach einem Berührtwerden von mir, dem Bewegenden riefen, der vor ihm kniete, die Knie auf das etwas feuchte Gras aufgesetzt hatte, sondern nach etwas, das nahe einer Teilnahme war. Nach einer Bewegung, die sich in dieses Aufsprengen selbst mit ihrer Aufmerksamkeit hineinbegab. Die im Nachvollziehen seiner Linien nicht zu einer Erzählung wurde von, sondern zu einem sich innerhalb fühlen, das immer mehr nach Raum verlangte, die Hände und Arme schließlich von mir, immer noch vor dem Stein Knieenden wegschob, mich als Bild des Steins, als Teil seiner Formung für einen Moment hinterließ, als still vor ihm Sitzenden, der sich nach einiger Zeit von dem Stein entfernte. Um aus Abstand wieder auf diesen Stein, auf denjenigen zu schauen, der dort als hinterlassene Spur immer noch saß.
>Hatte Trösten etwas von: ins Wasser fassen / Wasser das in einer Schale gesammelt war / Glitten meine Hände dabei in / oder aus einem Mund< ... Die Erfahrung einer Bewegung, ein Teil der Bewegung, als ich mit meinen Händen, ihren Fingern in ein Weihwasserbecken tauchte, später mit den nassen Fingerspitzen in einer Kirche aus dem 11. Jahrhundert eurythmisierte, dabei fast stillstand, das Wasser mir leise, unmerklich von den Fingern tropfte, sich durch meine Bewegungen im Raum verteilte, wohl auf den Holzbänken, dem Natursteinboden aufkam, dort verdunstete, für Momente eine Spur hinterließ, eine dunklere Färbung, die kaum zu erkennen blieb.
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